CDU besichtigt Griendtsveen AG
Betriebsbesichtigung des Ortsverbandes Altenoythe-Edewechterdamm mit ernstem Hintergrund
Die CDU-Ortsgruppe Altenoythe-Edewechterdamm hat einen Betriebsteil der Griendtsveen AG am Küstenkanal besichtigt. Geschäftsführer Bert Ruiters erklärte den über 20 Interessierten wie die Deckerde für die Champignonzucht abgebaut und weiterverarbeitet wird. Anschließend ging es mit einer Lok und drei umgebauten Loren ins Moor, wo man sich den Abbau „live“ anschauen konnte.
Bert Ruiters wies auch auf die schwierige Lage der Fa. Griendtsveen hin. Durch die geänderten politischen Weichenstellungen, wird der Torfabbau in Deutschland in den nächsten Jahren enden und die Arbeitsplätze gehen unwiederbringlich verloren.
Interview mit Bert Ruiters, Geschäftsführer der Griendtsveen AG
Frage: Aus dem abgebauten Torf stellen Sie Deckerde für die Champignonindustrie her; gibt es zum Torf keine Alternativprodukte wie z. B. im Gartenbau?
Das ist eine wichtige Frage. Tatsächlich gibt es im Gartenbau bereits einige Alternativen zu Torf, wie beispielsweise Kompost, Holzfasern oder Kokosfasern. Diese können in bestimmten Bereichen erfolgreich eingesetzt werden. Allerdings ist die Champignonzucht eine sehr spezielle Branche mit hohen Anforderungen an das Substrat. Torf bietet hier einzigartige Eigenschaften, die bisher von keinem anderen Material vollständig repliziert werden können. Es hat eine optimale Struktur, Wasserspeicherfähigkeit und Nährstofftransportkapazität, die für das Wachstum der Champignons entscheidend sind.
Die Industrie ist sich der Herausforderungen bewusst und forscht intensiv an Alternativen. Es gibt vielversprechende Ansätze, aber bisher konnte noch kein Material gefunden werden, das Torf in der Champignonzucht vollständig ersetzen kann, ohne die Qualität und Erträge zu beeinträchtigen.
Es ist schwer, eine genaue Prognose für eine torffreie Champignonzucht in naher Zukunft abzugeben. Die Forschung schreitet voran, aber es wird noch einige Zeit dauern, bis wir eine echte Alternative zu Torf in der Champignonzucht haben. Bis dahin ist es wichtig, den Torfabbau so verantwortungsvoll wie möglich zu gestalten und gleichzeitig intensiv an Alternativen zu forschen.
Frage: Um welche Art von Flächen geht es hier? In der Öffentlichkeit entsteht häufig der Eindruck, dass die Torfindustrie intakte Moore zerstört?
Ja, das ist eine leider immer wiederholte Falschinformation. Seit den 80er Jahren werden keine intakten Moore mehr für die Torfgewinnung genutzt.
Die Flächen, auf denen wir Torf abbauen, sind sogenannte „tote Moore“. Das sind Moore, die bereits vor vielen Jahrzehnten entwässert wurden, um sie landwirtschaftlich nutzen zu können. Durch die Entwässerung ist der Torfkörper bereits stark geschädigt und setzt kontinuierlich CO2 frei. Dieser Prozess schreitet fort, sodass sich der Torf auf diesen Flächen nach und nach zersetzt und das CO2 freigibt, ob man ihn abbaut oder nicht.
Wir zerstören also keine intakten Moore, sondern nutzen bereits degradierte Flächen, um einen wertvollen Rohstoff zu gewinnen. Nach dem Torfabbau werden diese Flächen renaturiert und in naturnahe Feuchtgebiete umgewandelt, die einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und zur Biodiversität leisten. Wir machen also aus ehemaligen toten Mooren wieder lebendige Moore, da durch die Wiedervernässung die natürlichen Moorprozesse wieder in Gang gesetzt werden. Dazu werden Gräben verschlossen und Dämme angelegt, um das Wasser auf den Flächen zurückzuhalten.
Im Laufe der Zeit entwickelt sich so auf diesen Flächen wieder eine typische Moorvegetation, die CO2 bindet und Lebensraum für viele seltene Tier- und Pflanzenarten bietet. Die Renaturierung von Moorflächen ist für uns ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz und zur Erhaltung der Artenvielfalt.
Wir sind stolz darauf, dass wir durch unsere Tätigkeit nicht nur einen wertvollen Rohstoff gewinnen, sondern auch einen Beitrag zur Wiederherstellung wertvoller Naturräume leisten können.
Frage: Wie lange reichen die vorhandenen Abbauflächen noch und wie lange dauert ein Genehmigungsverfahren für neue Flächen?
Die Situation ist tatsächlich sehr kritisch. Unsere aktuellen Abbauflächen reichen nach derzeitigem Stand noch für etwa 3 Jahre. Das bedeutet, dass wir dringend neue Flächen benötigen, um den Betrieb aufrechterhalten und die Arbeitsplätze sichern zu können.
Leider gestaltet sich die Genehmigungsverfahren für Torfabbaugenehmigung neuer Abbauflächen äußerst schwierig und langwierig. Die letzten Verfahren haben zwischen 5 und 10 Jahren gedauert. Das ist eine enorme Zeitspanne.
Wir stehen also vor einer großen Herausforderung. Einerseits laufen unsere aktuellen Abbauflächen in wenigen Jahren aus, andererseits ist es nicht sicher, ob wir jemals wieder neue Torfabbaugenehmigungen erhalten werden. Diese Unsicherheit macht es uns sehr schwer, langfristig zu planen und Investitionen zu tätigen.
Frage: Wenn der Abbau hier gestoppt wird, von wo kommt dann der Torf und wie sieht es mit der CO2-Bilanz aus?
Das ist eine berechtigte Frage, die die komplexen Zusammenhänge dieser Thematik verdeutlicht. Wenn der Torfabbau in Deutschland eingestellt wird, der Bedarf jedoch wie z. B. in der Champignonzucht bestehen bleibt, wird dieser Bedarf an Torf zwangsläufig durch Importe gedeckt werden müssen. Das bedeutet, dass der Torf dann aus anderen Ländern, wie beispielsweise den baltischen Staaten importiert werden muss.
Dies hat erhebliche Auswirkungen auf die CO2-Bilanz. Der Transport von Torf über große Entfernungen verursacht zusätzliche Emissionen. Es ist also ein Trugschluss zu glauben, dass ein Ende des Torfabbaus in Deutschland automatisch zu einer Verbesserung der CO2-Bilanz führt.
Es ist daher wichtig, eine ganzheitliche Betrachtungsweise einzunehmen und nicht nur die Emissionen des Torfabbaus selbst, sondern auch die Auswirkungen von Importen und die positiven Effekte der Renaturierung vor Ort zu berücksichtigen.
Frage: Wenn es keine weiteren Abbaugenehmigungen gibt, wie viele Arbeitsplätze sind dann bei Ihnen und bei externen Firmen betroffen?
Diese Situation ist für mich und unsere Mitarbeiter sehr bedrohlich. Wenn der Torfabbau hier eingestellt wird, hat das dramatische Auswirkungen auf die Beschäftigung in der Region.
Direkt in unserem Unternehmen sind etwa 50 Arbeitsplätze betroffen. Diese Menschen verlieren ihren Lebensunterhalt, wenn wir den Betrieb schließen müssen.
Aber das ist nur die Spitze des Eisbergs. Der Torfabbau hat eine lange Wertschöpfungskette, die viele externe Firmen umfasst. Dazu gehören Transportunternehmen, Maschinenbauer, Händler und viele andere Dienstleister. Wenn der Torfabbau wegfällt, verlieren auch diese Unternehmen Aufträge und müssen Arbeitsplätze abbauen.
Es ist schwer, dazu eine genaue Zahl zu nennen, aber wir schätzen, dass insgesamt mehrere hundert Arbeitsplätze in der Region direkt oder indirekt vom Torfabbau abhängen. Ein Ende des Torfabbaus hätte also nicht nur Auswirkungen auf unser Unternehmen, sondern auf die gesamte regionale Wirtschaft.
Es ist wichtig zu betonen, dass diese Arbeitsplätze nicht einfach ersetzt werden können. Viele unserer langjährigen Mitarbeiter haben spezielle Kenntnisse und Fähigkeiten im Bereich des Torfabbaus, die in anderen Branchen nicht ohne weiteres gefragt sind. Ein Verlust dieser Arbeitsplätze würde also auch einen Verlust von wertvollem Know-how bedeuten.
Wir hoffen daher sehr, dass die Politik die Bedeutung des Torfabbaus für die Region erkennt und eine Lösung findet, die sowohl den Umweltschutz als auch die wirtschaftlichen Interessen berücksichtigt. Um unseren Fortbestand und den Bedarf der Champignonindustrie zu decken, wären tatsächlich 50 ha Abbaufläche pro Jahr ausreichend. Ich denke, dass es viele gute Gründe gibt, noch einmal nachzudenken, ob man unsere Firma und die Zukunft unserer Mitarbeiter so leichtfertig aufgibt, oder ob es doch noch eine gemeinsame, maßgeschneiderte Lösung gibt.
Frage: Wie schätzen Sie die Möglichkeit ein, dass die Mitarbeiter bei anderen Moor-Renaturierungsprojekten eine neue Beschäftigung finden und ihr Know-how einbringen können?
Diese Möglichkeit schätze ich leider sehr gering ein. Ein Blick über Niedersachsen hinaus zeigt, dass staatliche Renaturierungsprojekte kaum akzeptiert werden und nur auf geringe Resonanz in der Bevölkerung stoßen. So wurde z. B. in Bayern im vergangenen Jahr ein Wiedervernässungsangebot von keinem einzigen Landwirt in Anspruch genommen. Auch in anderen Bundesländern gibt es Proteste gegen Wiedervernässungsprojekte. Leider muss ich sagen, dass durch das Verbot des Torfabbaus in Niedersachsen die Torfwirtschaft zunehmend bei der Wiedervernässung ausfallen wird, wir jedoch bisher der einzige Akteur waren, der Wiedervernässungen in größerem Umfang sozial akzeptiert und wirtschaftlich vorgenommen hat. Die Torfindustrie hat in den vergangenen Jahren über 30.000 ha totes Moor renaturiert. Diese Fläche wurde ohne einen Euro Steuergelder renaturiert! Wir haben für die Akzeptanz bei den Flächeneigentümern und für die Finanzierung durch unsere eigenen Mittel gesorgt. Durch das NABU-IVG Konzept würden wir zukünftig noch deutlich mehr als unsere Abbauflächen renaturieren. Ich denke dieses Land hat zu viele wichtige Herausforderungen, um auf den Beitrag, den die Torfindustrie in diesem Bereich leistet, einfach verzichten zu können. Ich befürchte, wenn in der Landesregierung nicht schnell umgedacht wird, wird unser Beitrag sowohl in der Pilzindustrie als auch bei der Renaturierung der entwässerten, landwirtschaftlich genutzten Moorböden bald schmerzlich fehlen.
Vielen Dank für das Interview.